„Margarete: Ich fühl es wohl, dass mich der Herr nur schont, herab sich lässt, mich zu beschämen. Ein Reisender ist so gewohnt, aus Gütigkeit fürleib zu nehmen; […]“ (Zufällig aufgeschlagenes Zitat aus „Faust – der Tragödie erster Teil“; V. 3072-3076)
Welcher Jugendliche der heutigen Zeit (und vermutlich auch jeder andere nicht-Germanist der heutigen Zeit) kann das schon beim ersten Lesen zu 100% verstehen?
Fakt ist: Die deutsche Sprache hat sich schon ziemlich verändert in den letzten Jahrhunderten. Deshalb ist es auch völlig normal, dass man nicht sofort alles rafft, was ein Schiller, ein Goethe oder wen es eben noch alles gab, vor über 200 Jahren geschrieben hat. Aber es ist möglich!
Hier sind 4 Tipps, die ich selber anwende und Dir ans Herz legen möchte:
1. Nimm nicht jedes einzelne Wort wichtig.
Was man bei den meisten Dramen merkt, ist, dass alle um den heißen Brei herum reden. Wenn man sich zum Beispiel Romeo und Julia herbei nimmt: Romeo und Julia verlieben sich ineinander, sie dürfen aber nicht zusammen sein, weil ihre Familien im Streit sind. Außerdem ist Julia verlobt und soll einen anderen heiraten. Kurzerhand holt sie sich ein Gift, das sie für einen Tag tot wirken lässt, damit sie die Hochzeit umgehen kann. Romeo entdeckt sie und bringt sich aus Trauer um. Sie erwacht und sieht seinen Leichnam neben ihr. Sie folgt ihm in den Tod.
Und für ein Drama war das sogar eine noch relativ verstrickte Geschichte (ich habe sie nur wegen ihrer allgemeinen Bekanntheit ausgewählt). Was ich damit zeigen möchte: Die Autoren von damals hatten keine riesigen Storylines, aber sie mussten ja irgendwie ihr Werk füllen. Also wird auch mal ein einfaches Gefühl, das Du in einem Satz beschreiben könntest, über zwanzig Verse oder Zeilen hinweg umschrieben. Damals war das Poesie, heute ist es für uns nur schwer verständliches Zeug. Man darf nicht zu viel Wert auf jeden einzelnen Vers legen. Wichtig ist es, dass Du das große Ganze verstehst.
Mein Tipp also: Lies nicht Zeile/Vers für Zeile/Vers, sondern erstmal den ganzen Absatz. Dann kannst Du auf einzelne Sätze zurückschauen und meistens hat sich dann auch das Unverständnis schon geklärt.
2. Lies die Texte laut.
Das hört sich vielleicht total dumm an, aber stell Dir wirklich am besten vor, dass Du Schauspieler in diesem Stück bist. Wenn Du nicht komplett alle Rollen übernehmen willst, dann frag am besten jemanden aus deiner Klasse oder auch jemand anderen (falls Du jemanden findest, der dazu bereit ist, seine Freizeit zu opfern :D).
Ich habe auch meine „Lese-Freundin “ in der Klasse, mit der ich schon den ein oder anderen Akt durchgesprochen habe und es bewirkt wirklich Wunder!
Wenn Du einen Freund dabei hast, kannst Du Dich auch mal mit ihm über etwas unterhalten. Meist ergänzt sich das Wissen ganz gut.
Aber auch wenn Du alleine bist, hat das laute Lesen Vorteile: Dadurch, dass Du versuchst, betont zu lesen (und das solltest Du, das ist nämlich der ausschlaggebende Punkt dieses Tipps), strengst Du Dich auch gleichzeitig an, die Emotionen der Rolle zu verstehen. Außerdem ist die Gefahr nicht so hoch, dass man beim Lesen unaufmerksam wird und einfach liest, aber nicht weiß, was eigentlich passiert ist. Du weißt, was ich meine…
3. Erzeuge einen Lesefluss bzw. unterbreche den Lesevorgang nicht zu oft.
Mal in der Bahn eine Seite oder immer mal wieder eine Seite während der Pause, in der Du Dich eigentlich mit deinen Freunden unterhältst? Schlechte Idee! Ich schätze nicht, dass Du viel mitnehmen wirst, wenn Du immer nur ein, zwei Seiten am Stück vorwärts kommst. Nimm Dir also ausreichend Zeit für die Lektüre: Nehme sie z. B. mit ins Bett und lese noch eine halbe Stunde vor dem Schlafengehen. Um auch alles zu verstehen, muss man auch mit Konzentration dabei sein.
Aber das sollte eigentlich selbstverständlich sein. Was ein noch viel wichtigeres Argument ist, ist, dass man nach etwa vier/fünf Seiten so langsam in diese ganze ungewohnte Sprache einsteigt und es einem wirklich deutlich einfacher fällt, das alles zu lesen. Dann liest man auch automatisch schneller und verbringt man insgesamt weniger Zeit mit der Lektüre. Und das will vermutlich der Großteil der Schüler. Bei mir kam es auch schon des Öfteren zu dem Phänomen, dass mich diese andere Sprache so gepackt hat, dass ich das Buch wirklich nicht mehr aus der Hand nehmen konnte. Ja, bei einem Drama!
4. Lektüreschlüssel
Das ist wohl die weit verbreitetste Variante. Ja, wenn es zur näheren Analyse kommt, dann kann so ein Lektüreschlüssel wirklich sehr hilfreich sein. In meinem vierten und letzten Tipp möchte ich die Königs Erläuterungen* empfehlen, da diese – meiner Ansicht nach – am meisten helfen bzw. am schülergerechtesten gemacht sind. Allerdings habe ich auch noch nicht so viel Erfahrung mit Lektüreschlüsseln, also kann es sein, dass ich noch nicht die wahren Besten gefunden habe. Wenn Du Dir jetzt also denkst: „Was?! XY ist doch viel besser!“ – dann kannst Du mir gerne einen Kommentar hinterlassen. Ich bin offen für alles.
Ich hoffe, ich konnte Dir weiterhelfen und wünsche Dir viel Erfolg mit deiner Lektüre!
Viele Grüße,
Jana
Beitragsbild: Todd Quackenbush / Unsplash
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